Wie Prora zur Geisterstadt wurde
Stell dir vor, du stehst an einem verlassenen Ostseestrand. Der Wind peitscht durch zerborstene Fenster, Wände bröckeln, und rostige Stahlträger ragen aus den Decken. So präsentierte sich Prora jahrzehntelang nach der Wende. Eine gigantische, verfallene Ruine, die einst für 20.000 Urlauber gedacht war und dann im Dornröschenschlaf versank.
Doch wie konnte ein Bauwerk dieser Größe einfach sich selbst überlassen werden? Warum dauerte es so lange, bis Prora wiederbelebt wurde?
Verwahrlosung nach 1990: Warum wurde Prora nicht sofort genutzt?
Nach dem Ende der DDR im Jahr 1990 stand Prora plötzlich leer. Die Nationale Volksarmee (NVA) zog ab. Und damit verlor der Komplex seine militärische Bedeutung. Doch während andere ehemalige DDR-Kasernen schnell neue Nutzungskonzepte erhielten. Blieb Prora im Dornröschenschlaf.

Warum wurde Prora nicht sofort saniert?
- Unklare Eigentumsverhältnisse: Nach der Wiedervereinigung war nicht eindeutig, wer Prora übernehmen sollte – der Bund, das Land Mecklenburg-Vorpommern oder private Investoren.
- Sanierungskosten: Die immense Größe und der schlechte Zustand machten eine wirtschaftliche Nutzung schwierig.
- Denkmalschutz & Auflagen: Teile des Baus standen unter Denkmalschutz, was eine Modernisierung erschwerte.
- Lage & Infrastruktur: Rügen war Anfang der 1990er-Jahre touristisch noch nicht so erschlossen wie heute.
Der Zerfall beginnt
Ohne Wartung verfielen die Gebäude rapide. Regenwasser drang durch undichte Fenster, Frost sprengte Mauern, und Pflanzen wucherten in den leeren Korridoren.
Vandalen hinterließen Graffiti, Kupferdiebe stahlen Kabel, und Abenteurer drangen ein, um sich in der „Geisterstadt“ umzusehen.
Urbex-Abenteuer: Fotografen, Erkundungen & Vandalismus
Die 1990er- und frühen 2000er-Jahre waren die Hochzeit für sogenannte „Urban Explorer“ (Urbexer). Prora galt als ein Paradies für Lost-Place-Fotografen, Abenteuerlustige und Geschichtsinteressierte.
Was machte Prora für Urbexer so spannend?
- Unberührtheit: Jahrzehntelang stand der Komplex weitgehend unangetastet.
- Größe & Architektur: Kilometerlange Korridore und riesige Hallen erzeugten eine postapokalyptische Atmosphäre.
- Relikte der Vergangenheit: Verlassene NVA-Trainingsräume, alte DDR-Schilder und Graffiti aus verschiedenen Jahrzehnten erzählten Geschichten.
Doch nicht alle Besucher hatten harmlose Absichten. Immer wieder kam es zu Vandalismus, Brandstiftungen und illegale Partys. Schutt und Müll sammelten sich an, und die einst mächtige Anlage verfiel immer weiter.
Historische Bilder: Prora als postapokalyptische Ruine
Bilder aus dieser Zeit zeigen ein faszinierendes, aber trauriges Bild: Ehemalige Aufenthaltsräume mit durchgebrochenen Decken, von Moos überwucherte Fenster, lange Gänge, in denen das Sonnenlicht durch zerbrochene Glasscheiben fällt.
Prora wirkte wie eine Kulisse für einen dystopischen Film.


Besondere Fundstücke
- Alte DDR-Uniformen in verlassenen Schlafräumen
- Militärische Schulungstafeln mit taktischen Szenarien
- KdF-Baupläne aus den 1930er-Jahren in verstaubten Archiven
Diese Relikte wurden nach und nach von Museen und Sammlern gesichert, doch viele Spuren sind für immer verloren.

Die Wiederentdeckung: Erste Schritte zur Sanierung
Trotz des Verfalls war klar: Prora ist einzigartig. Mit seinen 4,5 Kilometern Länge ist es eines der größten Bauwerke Europas.
Während einige Politiker für einen kompletten Abriss plädierten, setzten sich Denkmalschützer für den Erhalt ein. Ab den 2010er-Jahren kamen Investoren ins Spiel.
Erste Sanierungsprojekte
- 2013: Beginn der ersten Bauarbeiten für Ferienwohnungen und Hotels
- 2016: Eröffnung des „Dokumentationszentrums Prora“
- 2019: Fertigstellung erster Luxus-Apartments
Die Sanierung war ein Mammutprojekt. Es mussten Tausende Fenster ersetzt, neue Leitungen verlegt und tragende Strukturen verstärkt werden. Doch Schritt für Schritt kehrte Leben zurück in die alten Mauern.
Der Wandel vom Lost Place zur modernen Nutzung zeigt die Spannungen zwischen Erhalt und Kommerz.
Fazit: Vom Lost Place zum Tourismus-Hotspot
Heute ist Prora kaum wiederzuerkennen. Statt verfallener Betonwände prägen moderne Hotels, Cafés und Ferienwohnungen das Bild.
Doch die Vergangenheit bleibt spürbar: Denn einige Teile sind als Denkmal erhalten geblieben. Museen erzählen die Geschichte der Anlage. Und in manchen Ecken kann man noch immer die Geister der Vergangenheit erahnen.
Was bleibt von der Lost-Place-Atmosphäre?
Obwohl vieles saniert wurde, gibt es noch immer Abschnitte, die an die alte Ruine erinnern. Für Urban Explorer sind die besten Zeiten vorbei, doch für Geschichtsinteressierte ist Prora heute ein spannendes Reiseziel, das Vergangenheit und Moderne einzigartig verbindet.
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Bildquellen:
Dietmar Rabich (Creative Commons Lizenz „Attribution-ShareAlike 4.0 International): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prora,Koloss_von_Prora—2009–_1106.jpg
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prora_Zimmer_mit_Seeblick.jpg
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prora_Treppenhaus.jpg
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:R%C3%BCgen_Koloss_von_Prora_-_KDF_Bad_1.JPG